7
Sep
2013

Der gehört an die Leine!

"Der gehört an die Leine, junge Frau!", ruft die alte Dame auf dem Fahrrad mir im Vorüberfahren zu.
"Er hat ihnen doch gar nichts getan!", antworte ich ebenfalls rufend.
"Trotzdem. Der gehört an die Leine!", schallt es etwas weiter entfernt zurück.

"Er" ist einer von zwei, zugegeben, großen Hunden. Und diese beiden gehorchen normalerweise großartig. Kommen uns Fußgänger oder Fahrradfahrer, Trecker oder verbotenerweise den Feldweg benutzende Autos entgegen, weise ich mit der Hand den bevorzugten Seitenstreifen an und beide verlassen den Asphalt und warten, bis das Gegenüber passiert hat.

Auch die Dame auf dem Fahrrad begegnete uns oft. Zusammen mit ihrem Gatten, immer mit Jacke und Mütze, auch bei 27°C im Schatten, radeln sie oft an uns vorbei. Und niemals ist einer der Hunde zurück auf dem Weg, bis dieser wieder frei war.

Heute jedoch stand der Rüde ein wenig zu früh auf und trabte am Seitenstreifen entlang Richtung Heimat. Ihm war es warm, er hatte Durst und ausserdem ist der Feldweg mit ca. 3 Metern auch breit genug. Befand der Hund. Ich jedoch warf ihm die Textilleine hinterher und rief ihn zur Ordnung (ein selbstentscheidender Hund ist immer eine Gefahr für sich und alle anderen drumherum). Worauf hin mich die alte Dame zur Ordnung rief. Nachdem sie uns schon zig Male begegnet war, ohne dass ein Hund angeleint war, sie behindert, belästigt oder auch nur eines Blickes gewürdigt hätte.

Ich habe mich darüber mehr geärgert, als ich wollte. So, wie ich mich oft ärgere, wenn Pauschalaussagen auch auf meine Hunde zutreffen wollen und sollen. Ich fahre mit dem Auto aus dem Ort hinaus ins freie Feld, jeden Tag, damit keiner meiner Hunde auf den Gehweg kackt oder an eine Hauswand pinkelt. Wir stehen stets am Seitenstreifen, wenn sich irgendjemand oder irgendetwas nähert und warten geduldig, bis der Weg wieder frei ist. Wir rennen nicht durchs Korn und auch nicht durch junge Rüben. Wir jagen nicht, allerhöchstens stöbern wir auf, folgen ein paar Schritte und lassen dann ab. Wir springen niemanden an, sabbern niemanden die Hose nass und stänkern keine anderen Hunde an (außer diese wollen das unbedingt, aber wirklich dermaßen unbedingt...). Wir gehen artig an der Leine, wenn es sein muss und lauschen gespannt auch dem leisesten, anweisenden Flüstern.

Wir zahlen Steuern, sind versichert, tragen einen Chip, sind im Hunderegister gemeldet, geimpft und entwurmt. Und nur, weil einer der Hunde einen Hauch zu früh weiterlief, sollen wir angeleint werden.

Warum ärgere ich mich nur so über dieses dahingesagte "Der gehört an die Leine!" ????

***

Weil ich es mein Leben lang immerzu jedem Recht machen wollte, mich zerrissen und verleugnet habe, um überall zufrieden zu stellen. Weil diese Begegnung heute nur ein kleines I-Tüpfchelchen auf vielen Situation war, in denen dieses Rechtmachen nicht funktioniert. In vielen Bereichen hat es nur zur Flickschusterei gereicht, hat meinen eigenen Ansprüchen und den anderer nicht genügt, war aber dennoch ausreichend, um dem Grundwunsch zu entsprechen. Ausreichend. Mehr nicht. Ich, als geborene (ein Fluch!) Perfektionistin, speise seit geraumer Zeit mich und alle anderen mit "Ausreichend" ab und schaffe es dabei nicht, dieses auch als tatsächlich ausreichend anzusehen. Anstatt zufrieden zu sein, unzählige Forderungen zu erfüllen, bin ich unzufrieden darüber, dass sie nicht höherwertig erfüllt worden sind.

Der Verstand sondiert, erkennt, erklärt. Der Bauch grummelt dennoch weiter und will keine Ruhe geben.

Was macht man, bitte schön, dagegen?
bonanzaMARGOT - 7. Sep, 13:44

hunde gehören in der tat auf öffentlichen wegen angeleint. ich kann den zuruf der alten dame auf dem fahrrad gut verstehen - denn sie hatte wahrscheinlich schlicht angst.
schade, dass hundebesitzer(innen) da oft nicht mehr empathie aufbringen.
da ich viel mit dem fahrrad unterwegs bin, weiß ich um die gefahr, die von hunden ausgehen kann. einige male kam ich in situationen, wo mir hunde beinahe ins rad liefen. nun bin ich noch halbwegs sportlich und geschickt mit dem rad und konnte einen sturz abwenden. wie aber muss es z.b. dieser älteren dame gehen? die größe eines hundes spielt dabei nicht die entscheidende rolle - nur dass goße hunde sowieso ängstlichen menschen noch mehr angst machen.

okay, ich versuche mich auch in die hundehalter(innen) hinein zu versetzen. da ich aber noch nie einen hund hatte, fällt mir das etwas schwer. wir leben nunmal in ziemlich dichtbesiedelten gebieten, wo eine gegenseitige rücksichtnahme absolut notwendig für ein friedliches und sicheres miteinander ist. der spaziergänger oder fahrradfahrer weiß leider nicht, wie gut erzogen der hund ist, der ihm in die quere kommt. und jeder hundehalter meint ja (selbstverständlich), dass sein hund gut erzogen ist, und dass von ihm niemals eine gefahr ausgeht. das kann ich zwar menschlich nachvollziehen, aber es entspricht nunmal nicht der realität. (man macht sich da was vor - wobei wir wieder bei dem "bisschen" selbstbetrug wären.)

was kannst du also gegen dein bauchgrummeln - deinem ärger geschuldet - tun?
vielleicht denkst du einfach mal daran, dass die alte dame auf dem fahrrad einfach nur angst hatte - und dich gar nicht unbedingt belehren wollte.

Qhenna - 7. Sep, 14:14

Es war kein öffentlicher, sondern ein landwirtschaftlich genutzter Weg, der auch mit einem Schild darauf hinweist. In Parkanlagen, Städten, Freizeiteinrichtung hat jeder Hund an der Leine geführt zu werden, das weiß selbst ich als Hundehalterin (und das seit über 30 Jahren).

Im übrigen hat der Hund niemanden belästigt, sondern ist am Seitenrand weitergetrabt. Ich kann ihn ja in Zukunft ständig anleinen, oder vielleicht gleich erschiessen, weil ein Hund, der niemals seinen Bewegungsdrang ausleben kann, sein Grundbedürfnis nach Schnüffeln, Buddeln und nach Mäuselöchern wühlen, über kurz oder lang ein verhaltensgestörter und damit auch gefährlicher Hund wird. Und damit grundsätzlich nicht mehr haltbar - deshalb die Pistole, nur zur Vorsicht. Dann brauche ich auch keine Steuern mehr bezahlen und würde eine Menge Geld einsparen, welches ich

Die Dame hatte keine Angst, kannte uns ja schon lange Zeit (siehe Text, der bereits darauf hinweist), sie wollte mich maßregeln und schlauer sein als Jesus sein Pferd - und das war ein Esel. Mir dünkt, nicht ich habe heute einen schlechten Tag, sondern andere einen noch deutlich schlechteren.

Leinenzwang herrscht in Niedersachsen im freien Feld von 1. April bis 15. Juli. In der übrigen Zeit dürfen Hunde, die nicht jagen und keine Fahrradfahrer beißen, frei laufen und damit hundegerecht gehalten werden.

bonanzaMARGOT - 7. Sep, 15:14

ich kenne weder die alte dame auf dem fahrrad noch dich und auch nicht deinen hund. entschuldige also, dass ich hier einfach meine antwort gemäß meinen erfahrungen mit hunden als fahrradfahrer verfasste. und ich habe absolut keinen schlechten tag. noch nicht.
nun, wenn auf diesen wegen, auf denen du deine hunde ausführst und laufen lässt, hunde nicht angeleint werden müssen ..., dann ist doch alles gut. natürlich brauchen hunde auslauf. leider ist es in unserer dichtbesiedelten welt nicht immer einfach mit dem auslauf. für hunde wie für menschen auf fahrrädern.
freilich gibt es verkrampfte und verbitterte menschen, die es sich zur aufgabe machen, über alles zu motzen. ich will mir aber nicht anmaßen zu beurteilen, ob die alte dame auf dem fahrrad dazu gehört. ebenso könntest du zu diesen menschen gehören ..., denn sehr viel verständnis bringst du für die frau, die vielleicht angst vor hunden hat, nicht auf.

ja, man kann sich auch fragen, warum manche menschen überhaupt hunde halten. aber okay, wir leben in einer freien gesellschaft - und so soll es auch bleiben!
rosmarin - 7. Sep, 14:19

zum größten teil hätte dieser text von mir sein können :-)
zwar läuft mein hund seltenst frei (wegen extraordinärem hetztrieb) und hängt somit fast immer an der leine, dennoch passiert es ganz oft, dass irgendwer irgendwas zu meckern hat (z.B. wenn freundin mit zwei wohlerzogenen freilaufenden hunden mit geht).
auch bei uns ist es so im wald und auf dem feld: kommen spaziergänger, radfahrer, jogger etc.... die hunde sitzen alle friedlich am strassengraben (feldrand etc.) ab, lassen die anderen vorbei und warten.
in hundert solcher situationen kommen vielleicht 3-5 leute auf die idee sich zu bedanken. das ärgert mich masslos. sehen die nicht, wieviel rücksicht wir nehmen?
ich rufe dann gern mit freundlicher mädchenstimme "gern geschehen" flötend hinterher.
ich halte es auch für ein minimum an zivilisation und höflichkeit, dass man sich im wald grüßt. so halte ich es und einmal im letzten frühjahr begegnete ich einem alten mann. da noch schnee lag und der berg rutschig war, lies ich den angeleinten hund am rand absitzen und grüßte den alten mann höflich. der reagierte nicht. ich grüßte nochmal (da ich ihn für schwerhörig hielt) und er schaut mich böse an: "ich grüße keine leute mit hunden".....
da musste ich erst mal nach luft schnappen und konnte mir nicht verkneifen ihm hinter her zu rufen: wer hat Sie denn erzogen???

...

Soviele - auch alte Menschen - sind in einer Art unhöflich bis aggressiv, dass ich deinen grummelnden Bauch nur zu gut verstehe :-)

lg Ro

Qhenna - 7. Sep, 14:28

Ich bekomme oft ein Danke, gerade von Joggern oder Fahrradfahrern und ich weiss auch, dass meine Hunde gut erzogen sind. Ich bedanke mich immer für das Danke und die meisten Leute dort kenne ich, sie kennen mich und es wäre alles sehr harmonisch, würde nicht jeder geradezu darauf warten, dass ein Hundehalter Grund für eine Beschwerde oder gar Beleidigung gibt.

Das erinnert mich manchmal ein wenig daran, als meine Kinder klein waren und gerade ältere Herrschaften darauf gewartet haben, dass sie beispielsweise beim Essen im Restaurant ein wenig lauter wurden. Meine Kinder sind keine Paradebeispiele an perfekter Erziehung, konnten aber, so wie meine Hunde :-), überall mithin genommen werden. Wie es Kindern eigen ist, konnten sie nie lange stillsitzen, durften aber auch nicht überall herumtoben. Trotz Malbüchern, Spielen etc. waren es eben noch Kinder, die manchmal etwas lauter wurden. Man konnte darauf warten, dass jemand aus einer entfernten Ecke etwas abfälliges murmelte.
rosmarin - 7. Sep, 14:32

ja fast ist es irgendwie lustig...
wie da die einen auf fehlverhalten der kleinen oder tierischen warten, um sie abfällig massregeln zu können und dabei gar nicht merken, wie schlecht ihre eigene erziehung offenbar ist :-)
bonanzaMARGOT - 7. Sep, 15:23

dumm ist, wer kritik oder einen angstvollen ausruf bereits als maßregelung ansieht.
mit erziehung hat das nur bedingt zu tun.
Qhenna - 7. Sep, 15:50

Oh, Zeichen und Wunder, Bonanza, du musst über die Gabe verfügen, dich unsichtbar machen zu können, denn ich habe dich nicht gesehen, als du vorhin zugegen warst und den Gemütszustand der alten Dame so unglaublich besser beurteilt als ich, die ja ebenfalls, deutlich sichtbar, zugegen war. Ich entschuldige mich sofort bei dir, da du die Lage eindeutig viel klarer gedeutet hast als ich und bitte tausendmal um Vergebung, dass ich dir bisher widersprochen habe.
bonanzaMARGOT - 7. Sep, 16:52

erstensmal stünde einem ein prinzipieller respekt vor älteren menschen nicht schlecht zu gesicht. ich weiß als altenpfleger sehr gut, dass das nicht immer leicht ist. aber man kann es trotzdem versuchen - angesichts der lebensleistung, welche die personen bereits hinter sich haben ...
zweitens schrieb ich, dass die alte dame vielleicht angst vor deinem hund hatte und deswegen mit dem spruch, den sie absonderte, reagierte. es gibt nicht wenige menschen, die angst vor hunden haben - warum auch immer. bei manchen ist diese angst sogar traumatisch. sollen sie deswegen mit ihrem fahrrad nicht mehr über feldwege fahren?
natürlich hast du den vorteil deines authentischen eindrucks von der situation, aber du solltest ihn als letztes argument besser zurückhalten - denn damit werden alle kontroversen hinfällig, da ja nur du den richtigen durchblick haben kannst.
ja, die alte dame auf dem fahrrad reagierte vielleicht nicht gerade schön - aber kennst du die hintergründe für ihr verhalten? kannst du ganz sicher sagen, ob die frau nicht irgendwann mal von einem hund in einer ähnlichen situation bedrängt oder gar gebissen wurde?
leider passiert so was. und als spaziergänger oder fahrradfahrer kann man nicht unterscheiden, welcher hund gut erzogen und also harmlos ist oder nicht. das sagte ich bereits.
schade, dass du so wenig verständnis für die gegenseite aufbringst - und dich gleich persönlich angegriffen fühlst und polemisch reagierst.
Qhenna - 8. Sep, 10:14

Ich habe die alte Dame weder "blöde Kuh" genannt, noch ihr einen Vogel gezeigt oder sonstiges, wo also, bitte schön, findest du hier Respektlosigkeit.
Verständnis für die Gegenseite beruht auf Gegenseitigkeit, in allen Lebenslagen und überall, und funktioniert am allerbesten wenn man Belehrung und Oberlehrerhaftigkeit daraus entfernt und stattdessen wohlwollenden Humor dazutut. Lassen wir es jetzt an dieser Stelle gut sein....
qhenna

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bonanzaMARGOT - 18. Jan, 13:23

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